Das Leben in Israel wird immer
teurer. Die Alternative für junge Familien: Ein Umzug in eine der Siedlungen in
den besetzten Gebieten. Die Regierung winkt mit finanziellen Anreizen.
Nachdem die Palästinenser Ende
November von den Vereinten Nationen in New York als Beobachterstaat anerkannt
wurden, ging es Schlag auf Schlag: Israel kündigte im Tagesrhythmus den Bau
neuer Wohnungen in Ostjerusalem und im Westjordanland an. 2600 in Givat
Hamatos, 1200 in Gilo, 1500 in Ramat Schlomo. Dabei sind diese Siedlungen nach
internationalem Recht illegal.
Die
Universität der Siedlung Ariel
Nach israelischen Angaben war der Ausbau schon länger
geplant. Dass die öffentlichen Ankündigungen nach der Aufwertung der
Palästinenser kamen, sei angeblich reiner Zufall gewesen. Über die
Weihnachtsfeiertage erklärte der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak
die Aufwertung der Hochschule der Siedlung Ariel zur Universität. Das
Westjordanland ist besetztes Gebiet, das Militär entscheidet dort auch in
Bildungsfragen.
"Das stellt einen weiteren
Schritt der israelischen Regierung dar, den Verlauf der Grünen Linie (Grenze
vor dem Sechs-Tage-Krieg von 1967, A. d. A.) zu verändern. Sie versuchen die
Israelis davon zu überzeugen, dass es keinen Unterschied macht, ob man im
israelischen Kernland oder in den militärisch besetzten Gebieten lebt",
kommentiert Sarit Michaeli, die Pressesprecherin der israelischen
Menschenrechtsorganisation B'tselem, die aktuelle Entwicklung. Israel hat in
den letzten Jahren enorme Summen in den Ausbau der Siedlungen investiert.
Zuwachs in Siedlungen durch finanzielle Vorteile
Es wurden Anreize geschaffen, denen
viele nicht mehr widerstehen können. Denn die Lebenshaltungskosten in Israel
steigen. "Das Merkwürdige daran ist, dass man dort in einem größeren und
besser gebauten Haus leben kann und dafür weniger zahlt als in Israel. Die
Siedler erhalten zum Beispiel günstigere Hypotheken, einfachere
Rückzahlungsmodelle und Steuererleichterungen. Jede Familie, die hinter der
Grünen Linie lebt, hat somit einen deutlichen finanziellen Vorteil", sagt
Michaeli. Die Siedler seien keinesfalls alle religiöse Fanatiker, die in die
besetzten Gebiete gehen, um ihren Traum von einem Israel vom Mittelmeer bis zum
Fluss Jordan zu verwirklichen.
Protest gegen den Siedlungsbau: Aktivisten blockieren
eine Straße in den besetzten Gebieten
Der 29-jährige Gilli Paran lebt in Ramat Gan bei Tel
Aviv und pendelt jeden Tag an die Universität von Samaria, wie die Hochschule
Ariels offiziell heißt, an der er Betriebswirtschaftslehre studiert. Er weiß die
Siedlungsuni zu schätzen: "Alles ist ein wenig kleiner als zum Beispiel in
Tel Aviv oder Jerusalem, und man erfährt eine persönlichere Behandlung. Dort
gibt es weniger Seminarteilnehmer und eine gute Ausstattung. Es wurde sehr viel
investiert in die Universität." Die wenigsten Studenten sind Bewohner
Ariels, viele nehmen den täglichen Weg aus Israel in Kauf oder beziehen ein
günstiges Zimmer im Studentenwohnheim. Sogar israelische Araber studieren in
Ariel. Wirklich kritisiert für seine indirekte Unterstützung der
Siedlungspolitik würde er weder von Freunden noch Bekannten: "Jeder weiß,
dass das kein politisches Statement ist." Auch die Studiengebühren in
Ariel sind geringer, Paran zahlt etwa 2600 Euro im Jahr.
Das "süße Leben" in den besetzten Gebieten
Den Jungen wird in den Siedlungen ein Lebensstandard
geboten, der in der Mittelmeermetropole Tel Aviv, in der Wohnungsmangel und
hohe Nachfrage die Mieten nach oben treiben, kaum zu finanzieren ist. "In
den letzten 40 Jahren wurde nicht eine neue Universität in Israel gegründet.
Die Bevölkerung ist gewachsen", so Paran. Das trifft auch auf die Zahl der
Siedler zu, mittlerweile sind es über eine halbe Million, und deren
Bedürfnissen gilt es gerecht zu werden.
Ein palästinensischer Arbeiter auf einer Baustelle in
der Siedlung Ramat Sholmo
Israel treibt den Ausbau der Siedlungen gezielt voran.
"Das ist kein Geheimnis. Seit den frühen Tagen der Siedlungsbewegung ist
eine Politik der Neugründung und Erweiterung offensichtlich", sagt Sarit
Michaeli von der Menschenrechtsorganisation B'tselem. "Das schließt
natürlich Investitionen mit ein. Siedlungen wurden als nationale
Prioritätsgebiete deklariert, das deckt die Strategie der Regierungen
auf." Nur die Regierung unter Jitzchak Rabin, der von einem jüdischen
Extremisten ermordet wurde, hätte dem entgegengesteuert.
Paran schätzt die Lebensqualität in Orten wie Ariel
viel höher ein: "Ich kann mir vorstellen, dort zukünftig zu leben, wenn
ich nur dort ein Apartment kaufen kann. Ariel ist eine Stadt in Israel und es
sieht nicht so aus, als würde sie an die Palästinenser zurückgegeben. Die
Menschen sollten das akzeptieren." Auch Michaeli glaubt nicht an einen
Richtungswechsel: "Uns stehen Wahlen bevor und selbst eine neue Regierung
wird sicher nicht ihre Politik ändern, was die besetzten Gebiete
betrifft."
Sumber : http://www.dw.de/
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